Lace Market

von Nottingham –
eine Mischung aus Tradition und Moderne

Von „Snotingham“ zum Nottingham des beginnenden 21. Jahrhunderts

robin Robin Hood, wer kennt ihn nicht, die mittelalterliche Sagengestalt?
Doch mit welcher Stadt oder Gegend wird er in Verbindung gebracht?
In der ganzen Welt ist die 267.000- „Seelengemeinde“ von Nottingham vor allem durch den mittelalterlichen Volkshelden Robin Hood bekannt.
 

Die Geschichte Nottinghams begann jedoch nicht erst zu dieser Zeit, sondern weitaus früher, als um das Jahr 600 n.Chr.
die angelsächsische Siedlung Snotingham gegründet wurde.
 

„William the Conqueror“ errichtete im Jahre 1068 das strategisch günstig am River Trent gelegene 1. Nottinghamer Schloss
auf einer Anhöhe der Stadt. Den Aufzeichnungen in der „Domesday Book“- Chronik zufolge hatte
die damals blühende Handelsgemeinde mit eigener Münzstätte schätzungsweise 800 Einwohner.
 

Weit bis ins 18. Jahrhundert hinein war die Stadt durch ihre angelsächsischen und normannischen Ursprünge getrennt.
Vollständig separate Verwaltungs- und Rechtssysteme kennzeichneten den „English borough“ im Osten der Stadt,
sowie den „French borough“ im westlichen Teil Nottinghams.

lace Die industrielle Revolution ließ Nottingham als ein Zentrum für Strumpfwaren- und Spitzenherstellung
auf die gegenwärtige Größe anwachsen. Im englischen Stadtteil entstanden im „Lace Market“ unzählige Fabrikhäuser,
charakteristisch für die wachsende Nachfrage an Spitzenprodukten.
Die 1813 von John Sleavers erfundene Spitzenmaschine wurde zum Rückgrad der Nottinghamer Spitzenindustrie.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts weitete sich die Spitzenindustrie so weit aus, dass im Jahre 1890
über 500 Fabriken fast 17.000 Arbeiter beschäftigten. 

Doch der 1. Weltkrieg unterbrach die Erfolgsstory des Nottinghamer Spitzenexports, und mit dem Wandel der Mode
in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts und der wachsenden ausländischen Konkurrenz konnten Nottinghamer Industrielle
nicht mehr an den gewohnten Erfolg anknüpfen.
 

Die Beendigung des Zweiten Weltkrieges und die Verleihung der Royal Charter an die University of Nottingham im Jahre 1948
leiteten das Zeitalter der Universitätsstadt Nottingham ein.
 


Der Lace Market – „Covent Garden der englischen Midlands“?

 


Verfallene Fabrikhäuser, leerstehende Häuser, dunkle und kaum frequentierte Straßenzüge, dies ist das Bild,
das noch vor 25 Jahren den historischen Nottinghamer Lace Market kennzeichnete.
Für die ehemals so dringend benötigten Spitzenmanufakturstätten, Warenhäuser und Fabrikhallen bestand kein Bedarf mehr,
doch wurde das Areal während der 60er Jahre in ein „zu erhaltendes Gebiet“ erklärt.
Politiker und lokale Regierung standen somit vor dem Problem der Alternativverwendung des ehemals so wichtigen Geländes,
in dem sich mehr unter Denkmalschutz stehende Gebäude pro Quadratmeter befinden als irgendwo anders in Großbritannien.
 

Kurzsichtige Entscheidungen von Vertretern der lokalen Regierung wie der Bau einer Autobahn durch den Lace Market,
was den Abriss der historischen Gebäude zur Folge gehabt hätte, wurden glücklicherweise verworfen.
Mit dem Wechsel bestimmter Positionen im Nottinghamer City Council 1974 wurde der Lace Market in einem neuen Licht gesehen,
als ein Gebiet von architektonischer und historischer Bedeutung mit einer Vielzahl von
georgianischen und viktorianischen „Gebäudejuwelen“.
 

1988 fiel die Entscheidung im Nottinghamer City Council, das Gelände zu entwickeln.
Eine Partnerschaft zwischen öffentlichem und privatem Sektor schien für diesen Zweck am geeignetsten.
Dem „Lace Market Heritage Trust“ unter dem Vorstand von Mich Stevenson wurde 1992 die Finanzierung des Vorhabens auferlegt.
Die ursprünglich gegründete „Lace Market Development Company“ scheiterte jedoch an ihrer profitorientierten Firmenpolitik
beim Versuch Entwicklungen voranzutreiben.
 

Trotzdem ging es voran:
Die erste Phase war der Restaurierung und Umgestaltung der Shire Hall im Herzen des Lace Market gewidmet.
Die „Galleries of Justice“, ein einzigartiges Museum, das sich mit über 250 Jahren Geschichte von Recht,
Kriminalität und Bestrafungsmethoden beschäftigt, fanden an diesem historischen Ort, an dem schon
seit dem 14. Jahrhundert Recht gesprochen wird, ihr neues Zuhause.
Magnetisch zog das Museum Touristen in die ehemalige Spitzenproduktionsstätte. Das Interesse der Öffentlichkeit war geweckt.
 

Die Restaurierung einer der schönsten Perlen des Lace Market, des 1855 durch T.C. Hine gebauten Adams Building,
wurde in der zweiten Phase in Angriff genommen. Dieses viktorianische Prunkstück diente früher als Bildungseinrichtung
für die Beschäftigten der Spitzenindustrie.
Im November 1993 lagen der Wert des Grundstücks und des Gebäudes noch niedriger als die Kosten für den Abriss.
Erfreulicherweise blieb das Gebäude dadurch erhalten. Seit 1998 hat sich das Clarendon College
in den historischen Räumen niedergelassen. Mit der Eröffnung des College kamen 8000 Studierende in den Lace Market,
die natürlich auch ihr Verlangen nach Unterhaltung, Restaurants usw. mitbrachten. Unzählige Pubs, Clubs und Bars entstanden.
 

entertainmentDer Lace Market wurde zum neuen kulturellen Zentrum der Stadt, nahe dem ursprünglichen Stadtkern, dem Marktplatz.
Die Studis waren entschieden an der Wiederbelebung des Lace Market beteiligt.
 

Um die Vielfalt zu wahren, wurden vorhandene Gebäude auch in verschiedenartigste Wohnungsmöglichkeiten umgewandelt.
Von extravaganten Dachgeschossen zu studentischen Wohngemeinschaften boten diese neugeschaffenen Unterkünfte
Menschen die Möglichkeit, sich dem Prozess der Suburbanisierung zu entziehen und nahe der City zu leben.
Straßenkriminalität zu senken und kleinere Geschäfte zu ermutigen in den Strassen des Lace Market zu eröffnen
sind nur zwei weitere Vorteile, die einer dichteren Bevölkerungsstruktur zu verdanken sind.
 

Auch die Vertreter der „Grünen Liga“ freuten sich über das Projekt Lace Market: Zum einen wurden vorhandene Gebäude genutzt
und somit Abriss oder Neubau vermieden. Zum anderen ist zu erwähnen, dass die neuen Cityanwohner eher geneigt sind,
auf Autos zu verzichten, stattdessen auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen und somit Abgasemission zu reduzieren.
 

Schon nach relativ kurzer Zeit war ein erheblicher Wertewandel auffällig. Grundstücke, die vor 4 Jahren noch
erschwinglich waren, sind nun aufgrund ihrer Lage im Lace Market kaum bezahlbar geworden.
Zur Vervollständigung des „Mikrokosmos“ Lace Market siedelten sich in trendigen Büros Anwaltskanzleien, Designer etc. an.
Eine kleine Stadt in der City von Nottingham war entstanden.
 

ice Um das Bild des Lace Market zu komplettieren, wurde mit der Planung und dem Bau
einer National lce Arena als Freizeiteinrichtung begonnen, die mittlerweile fertig gestellt ist.
Ein ausgeglichenes Viertel mit verschiedenen Aspekten, wie Wohnraum- und Geschäftsviertel,
Unterhaltung, Freizeit, Bildung ist das große Ziel , das es zu erreichen gilt.
Problematischer gestaltet sich immer die Einbeziehung der Viertel in die Entwicklung der Stadt.
 

In Nottingham ist es gelungen, Gebäude aus mittelalterlichen Zeiten zu erhalten und der Nachwelt Geschichte zu präsentieren.
Nichts ist einfacher, als es auf diese Art und Weise zu vollziehen:
die Bewohner mit den Gebäuden aus allen historischen Epochen, von den Fachwerkhäusern des mittelalterlichen Nottingham,
der Gartenstadt Nottingham, den viktorianischen Fabriken der Spitzenproduktionsstätte Nottingham
bis zum heutigen modernen Nottingham mit seiner Architektur zu konfrontieren.
 


Gerade unsere Zeit vor und nach der Jahrhundertwende weckt in vielen Menschen den Drang,
etwas Bleibendes für die Nachwelt zu schaffen. Als Herausforderung sahen es Nottinghamer Stadtplaner an,
die Schaffung einer spektakulären City für das 21. Jahrhundert sicher zu stellen.
Sie soll die Interessen aller Menschen decken, die hier leben und arbeiten.
Der Abriss historischer Gebäude, die durch den Verlust ihrer ursprünglichen Funktion vor einem Verwendungsproblem stehen,
ist immer der einfachste Weg der Problembeseitigung.
In Nottingham ist man den diffizileren Weg gegangen: Mehr Aufwand für mehr Ertrag?
Eine Frage, die in den nächsten Jahren beantwortet werden wird –
doch bei der die Antwort schon fast zu erahnen ist.